1985 sah eine Frau namens Alison Bechdel einen Film. Es war ein ruhiger Moment, und plötzlich kam ihr eine Art Eingebung.
Sie bemerkte, dass es im gesamten Film nur eine Szene gab, in der zwei Frauen miteinander sprachen. Und das Thema ihrer Unterhaltung? Ein Mann. Das brachte sie zum Nachdenken: Waren Frauen in den meisten Filmen wirklich nur in Bezug auf Männer dargestellt? So entstand der „Bechdel-Test“, der bis heute als Werkzeug dient, um die Darstellung von Frauen im Kino zu analysieren.
Der Bechdel-Test hat zwei sehr einfache Regeln:
1. Es müssen mindestens zwei weibliche Figuren vorkommen.
2. Sie müssen über etwas anderes als einen Mann sprechen.
Ich erzähle das nicht, um mich irgendeiner Bewegung anzuschließen, sondern weil mir beim Lesen über den Bechdel-Test eine ähnliche Version eingefallen ist – allerdings auf etwas Tieferes bezogen: die Gespräche, die wir mit uns selbst führen. Denn wie viel von dem, was wir täglich denken, dreht sich eigentlich darum, wie uns andere sehen und was sie von uns erwarten?
Wir verbringen so viel Zeit damit, uns auf die Wahrnehmung anderer zu konzentrieren – was werden sie sagen, was werden sie denken, wie werden sie uns beurteilen? – dass wir selten innehalten und uns fragen, wer wir wirklich sind, ohne den Schatten dieser Erwartungen. Wir vergessen uns selbst, unsere innere Stimme, und lassen zu, dass unser Selbstbild nur im Hinblick auf andere entsteht.
Hier also mein „Persönlicher Test“, der ebenfalls zwei einfache, aber tiefgehende Regeln hat:
1. Nimm dir täglich eine Zeit der Stille, um allein zu sein und „mit dir selbst zu sprechen“.
2. Lass dieses Gespräch nicht davon handeln, was andere Menschen über dich denken oder von dir erwarten.
Das klingt einfach, aber wenn man es versucht, ist es alles andere als leicht. Wir sind es nicht gewohnt, uns ohne die Einmischung anderer Stimmen zuzuhören. Tatsächlich tauchen oft genau in diesen Momenten all die „Du solltest“ auf, die wir übernommen haben: Du solltest erfolgreicher sein, du solltest geselliger sein, du solltest so sein, wie andere dich haben wollen.
Diese Praxis, wirklich ehrlich und ohne Filter mit sich selbst zu sprechen, ist entscheidend, um zu verstehen, wer man ist – jenseits der Erwartungen anderer. Wenn du diesen Test täglich erfüllst, auch nur für einen kurzen Moment, wirst du Wünsche, Interessen und Bedürfnisse entdecken, die sonst von dem Druck, externen Erwartungen gerecht zu werden, überdeckt bleiben.
In der Psychologie ist dieser ehrliche, ungefilterte innere Dialog entscheidend, um Selbstwertgefühl und eine solide Identität zu entwickeln. Er hilft uns, zu erkennen, dass unser Wert nicht davon abhängt, was andere über uns denken, sondern davon, wie wir uns selbst sehen und akzeptieren.
Das nächste Mal, wenn du einen stillen Moment hast, gönn dir die Gelegenheit, auf dich zu hören. Frag dich: Was möchte ich wirklich? Was brauche ich, um mit mir selbst im Reinen zu sein? Und lass diese Antworten deine eigenen sein, ohne dass jemand anderes dir dazwischenredet.
Wenn es dir gelingt, diesen kleinen „Persönlichen Test“ täglich zu bestehen, dann herzlichen Glückwunsch. Du bist auf dem Weg, eine solide Beziehung zu dir selbst aufzubauen – der erste Schritt zu einem authentischeren Leben.
Herzliche Grüße,
Martín Polo